von P. Marc Brüllingen
Das Fest der Mutterschaft Mariä wurde im Jahre 1931 von Papst Pius XI. (1922-1939) feierlich eingeführt und auf den 11. Oktober festgelegt. Anlaß für dieses Fest war die 1500. Jahresfeier der Dogmatisierung der Gottesmutterschaft Mariens, die im Jahre 431 feierlich auf dem Konzil von Ephesus verkündet wurde.
Bei der Verkündigung des Dogmas lehrte das Konzil von Ephesus, daß „der Emmanuel (=Jesus Christus) wahrhaft Gott und deshalb die hl. Jungfrau Gottesgebärerin ist“. Hintergrund für die Dogmatisierung war die Irrlehre des Nestorius, der sog. Nestorianismus.
Nestorius, ein Syrer von Geburt, erhielt seine theologische Ausbildung in Antiochien, wo er Mönch und Priester war und wegen seiner Beredsamkeit großes Ansehen erlangte. Im Jahre 428 wurde er durch kaiserliche Huld Patriarch von Konstantinopel und erregte bald darauf durch seine Predigten, die beim Volk auf heftigen Widerspruch stießen, großes Aufsehen.
Er predigte gegen den Titel der „Gottesgebärerin“. Maria sei nur „Menschengebärerin“ oder besser „Christusgebärerin“, da sie den Menschen gebar, mit dem der göttliche Logos innig vereint war, in dem er wie in seinem Tempel wohnte. Nestorius lehrte also eine Zweiheit der Personen in Christus, d.h. in Christus seien nicht nur zwei Naturen, nämlich die göttliche und die menschliche Natur, sondern auch zwei Personen, die göttliche und die menschliche Person!
Das Dogma von der hypostatischen Union lehrt jedoch, daß die beiden Naturen in Christus, die göttliche und die menschliche, in einer Person und zwar in der zweiten göttlichen Person vereinigt sind (= hypostatische Union).
Gegen Nestorius trat der hl. Cyrill von Alexandrien (Fest am 9. Februar) auf, der in einem Schreiben den Titel theotókos (=Gottesgebärerin) verteidigte und Papst Cölestin I. um eine Entscheidung ersuchte. Cölestin I. gab Cyrill daraufhin uneingeschränkte Vollmacht zur Erledigung der Angelegenheit.
Inzwischen hatte Kaiser Theodosius II. für Pfingsten 431 ein allgemeines Konzil nach Ephesus einberufen, um die Frage zu klären. Bischof Johannes von Antiochien verzögerte absichtlich seine Ankunft, weil er ein Freund des Nestorius war. Mit 16-tägiger Verspätung eröffnete Cyrill – trotz des Einspruchs des Vertreters des Kaisers – am 22. Juni das Konzil, auf dem er die beherrschende Persönlichkeit war. Nestorius war zwar in Ephesus, erschien aber nicht auf dem Konzil. Vier Tage später erschienen die Antiochener und zeigten sich verletzt, da man nicht auf sie gewartet und ohne sie eine Entscheidung gefällt hatte. Begünstigt vom kaiserlichen Vertreter hielten sie ein Gegenkonzil unter Johannes von Antiochien ab, das die Lehre Cyrills verurteilte und ihn absetzte. Noch später erschienen die päpstlichen Legaten, die sich gleich auf die Seite von Cyrill stellten. Auch Johannes von Antiochien wurde exkommuniziert.
Beide Parteien wandten sich nun an den Kaiser, der zuerst beide Absetzungen bestätigte, dann aber die Rechtmäßigkeit der Absetzung des Nestorius anerkannte. Dieser wurde in ein Kloster verbannt. Nachträgliche Verhandlungen führten 433 zu einer Einigung zwischen Cyrill und den Orientalen, die vom Papst mit Freude begrüßt wurde.
Das Konzil von Ephesus (431) setzte Nestorius ab und folgte der Lehre des hl. Cyrill von Alexandrien, die darauf hin zielte, daß Christus nicht nur einer, sondern eins ist, ein Wesen, d.h. das zwei Naturen in einer Person vereinigt sind (= hypostatische Union).
So kam es also zur Dogmatisierung der „Gottesmutterschaft“ Mariens auf dem Konzil von Ephesus, daß Maria im wahren und eigentlichen Sinn Mutter Gottes ist. Dieser Satz besagt selbstverständlich nicht, daß Maria ihrem Sohn die göttliche Natur mitgeteilt hat, sondern daß ihr Sohn Gott ist. Maria hat nicht eine menschliche Natur geboren, sondern eine Person, nämlich den Gottsohn. Die Mutterschaft bezieht sich auf die Person. Nur wenn Maria einen Menschen geboren hätte, der erst später Sohn Gottes geworden wäre, wäre die Bezeichnung Gottesmutter falsch.
Die Gottesmutterschaft ist eine unverdiente Gnade. Maria konnte sie nicht verdienen, denn die Inkarnation (= Menschwerdung) ist das Prinzip aller Verdienste. Maria übertrifft alle geschaffenen Personen an Würde. Sie ist als Gottesmutter in ein einzigartiges Verhältnis zu Gott getreten. Sie hat Gott selbst die menschliche Natur geschenkt und ist seiner Menschheit nach mit ihm blutsverwandt.
Aufgrund der Erhabenheit dieses Dogmas von der Gottesmutterschaft Mariens hat Papst Pius XI. anläßlich der 1500-Jahrfeier der Dogmatisierung das Fest der Mutterschaft der allerseligsten Jungfrau Maria eingeführt.
Unser Herr Jesus Christus hat, als er sterbend am Kreuz hing, seine Mutter auch uns zur Mutter gegeben. Daher dürfen wir Maria als unsere Mutter verehren und in jeglichen Anliegen um ihren Schutz und ihre Fürbitte anrufen. Danken wir ihr täglich dafür.
Foto: Heike Hannah Lux