Hermann Joseph von Steinfeld

– ein Heiliger der Eifel

von P. Marc Brüllingen


Wohl kaum eine Persönlichkeit ist so mit der Eifel verbunden wie der hl. Hermann Joseph von Steinfeld. Viele, die von der Eifel hören, bringen mit dieser schönen Landschaft Steinfeld und den hl. Hermann Joseph in Verbindung. In der Tat wird Steinfeld jedes Jahr von mehreren Menschen besucht, die hierher kommen um die schöne Klosteranlage zu besichtigen sowie die großartige Basilika, in der sich das Grab des hl. Hermann Joseph befindet. Das Leben dieses großen volkstümlichen Heiligen steht in der Blütezeit der Hohenstaufen-Kaiser. Papst Innozenz III. (1198-1216) war in seinem Pontifikat auf dem Höhepunkt der kirchlichen Machtfülle. Rainald von Dassel war zu dieser Zeit Erzbischof von Köln und zugleich mächtiger Reichskanzler des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation unter Kaiser Friedrich Barbarossa. Zeitgenossen von Hermann Joseph, ebenfalls bekannte Heilige, waren Hildegard von Bingen, Franz von Assisi, Dominikus, Elisabeth von Thüringen sowie Hedwig von Schlesien.

Der hl. Hermann Joseph wurde um 1150 in Köln als Sohn armer Eltern geboren. Wie die Legende erzählt, habe Hermann Joseph als Kind einmal die Kirche St. Maria im Kapitol besucht und sich vor einem Marienbild gekniet und dem Jesuskind auf dem Arm der Gottesmutter einen Apfel dargereicht. Jesus habe darauf die Hand ausgestreckt und die Frucht entgegengenommen. Nach diesem Erlebnis habe für Hermann Joseph festgestanden, daß er Priester werden wolle. Diese Begebenheit zeigte schon im zarten Kindesalter seinen vertrauten Umgang mit der Gottesmutter und ihrem göttlichen Kind.

Mit zwölf Jahren kam Hermann Joseph nach Steinfeld ins Prämonstratenserkloster. Der Eintritt ins Kloster begann für Hermann Joseph jedoch mit einer Enttäuschung. Er war der Ansicht, von nun an ein Leben des Gebetes und des Studiums führen zu können, zurückgezogen und allein in seiner Klosterzelle. Der Abt aber übertrug ihm zunächst das Amt des Speisemeisters, und Hermann Joseph mußte sich nun Tag für Tag um die Einkäufe der notwendigen Lebensmittel für die Klostergemeinschaft kümmern. Er hatte soviel zu tun, daß er nicht mehr in dem von ihm gewünschten Maß zu Gebet und Besinnung kam. Weil Hermann Joseph so innerlich in seinem Herzen beunruhigt war, soll er daraufhin in seiner unglücklichen Lage, so erzählt die Legende, zur Muttergottes gebetet haben und sich über den in seinen Augen „unglücklichen“ Verlauf des Klosterlebens beklagt haben. Maria soll ihm daraufhin geantwortet haben: „Wisse, daß du mir nichts Angenehmeres tun kannst, als deinen Brüdern in aller Liebe zu dienen.“

Später übertrug man ihm das Amt des Sakristans. Hermann Joseph erhielt von seinen Mitbrüdern seinen zweiten Namen „Joseph“ aufgrund seiner glühenden Marienverehrung. Bekannt dafür ist ein Gemälde von Antonius van Dyck (1599-1641): Die mystische Vermählung Hermann Josephs mit der Gottesmutter (Die Muttergottes berührt auf dem Gemälde die Hand von Hermann Joseph).

Trotz harter Bußstrenge gegen sich selbst, hatte Hermann Joseph ein gütiges und mitfühlendes Herz für seine Mitmenschen. Dies geht besonders daraus hervor, daß er ein eifriger Seelsorger war, der sich als solcher für die leiblichen und seelischen Nöte seiner Mitmenschen einsetzte, besonders auch als begehrter Beichtvater und Seelenführer der Ordensfrauen in verschiedenen Klöstern. Hermann Joseph, der nicht nur ein vorbildlicher Priester und Seelsorger war, war darüber hinaus auch ein begnadeter Mystiker. Seine mystische Frömmigkeit kommt besonders in seinen zarten wie innigen Gebeten und Hymnen zum Ausdruck, welche die vollendete Hingabe einer der Welt entrückten und ganz Gott hingegebenen Seele wiederspiegeln.

Von seinen Werken sind erhalten: der große Marienhymnus „Gaude, plaude, clara Rosa“; der Hymnus auf das göttliche Herz Jesu „Summi Regis cor, aveto“; das Jubellied auf die heilige Ursula und ihre Gefährtinnen (Stadtpatrone von Köln) „O vernantes Christi rosae“; ferner die Sequenz auf die heilige Ursula „Virginalis turma sexus“; schließlich die zwölf Dankgebete zum Erlöser; der innige eucharistische Hymnus „Jesu, dulcis et decore“ sowie seine Betrachtungen über die fünf Freuden Mariens „Gaude Virgo gratiosa“. Hermann Joseph ist auch Verfasser einer verloren gegangenen Erklärung zum Hohen Lied.

Hermann Joseph starb in sehr hohem Alter an einem Donnerstag nach Ostern (wahrscheinlich am 7. April 1241) im Kloster der Zisterzienserinnen in Hoven bei Zülpich, wo er während der Fastenzeit der Kommunität noch einen Besuch abstattete. Als Hermann Joseph bei diesem letzten Besuch das Kloster betreten hatte, malte er mit seinem Stock die Form eines Grabes auf den Boden und sagte: „Hier werdet ihr mich begraben.“ Nach dieser Visitation war der schwache Hermann Joseph nicht mehr in der Lage, die Heimreise anzutreten und schloß bald darauf seine Augen für immer. Die Zisterzienserinnen bestatteten ihn in Hoven. Doch seine Mitbrüder ruhten nicht eher, bis sie seinen Leichnam nach Steinfeld überführen durften, um ihn dort beizusetzen. Auf Bitten der Prämonstratenser von Steinfeld veranlaßte der Kölner Erzbischof die Überführung der sterblichen Hülle Hermann Josephs von Hoven nach Steinfeld. Es wird berichtet, daß die Eifeler Bevölkerung mit brennenden Kerzen und Fahnen Hermann Joseph entgegen gezogen sei, um ihn für im-mer heimzuholen. Seitdem wird sein Grab durch viele Wunder verherrlicht.

Von seinem Tode an setzte eine große Verehrung für diesen liebenswürdigen Heiligen ein, die sich im Laufe der Jahrhunderte immer mehr ausbreitete, so daß Hermann Joseph nicht nur in den europäischen Ländern, sondern sogar auch in Nord- und Südamerika verehrt wird. Der Prozeß um die Heiligsprechung Hermann Josephs entwickelte sich in den letzten drei Jahrhunderten nur mühsam, so daß erst Papst Pius XII. (1939-1958) am 11. August 1958 den heroischen Tugendengrad und die große Verehrung dieses Heiligen anerkannte. Über den „Heiligen der Eifel“ veröffentlichte Papst Johannes XXIII. (1958-1963) im Jahre 1958 ein Dekret, in dem es auszugsweise heißt: „In der katholischen Kirche gibt es immer Menschen, die den Gipfel der Heiligung tapfer erreicht haben und so auf den Leuchter gestellt wurden, um anderen den Weg zum Heil zu weisen. Zu diesen ausgezeichneten Menschen gehört mit Recht der Diener Gottes Hermann Joseph, Priester aus dem Orden der Prämonstratenser, selig oder heilig genannt. Dieser Mann steht bis heute im Bewußtsein der Völker deutscher Zunge als frommer Diener Gottes, reichlich ausgestattet mit Tugend und voll zarter Liebe zur seligsten Jungfrau Maria“. 1960 erfolgte seine Heiligsprechung. Seit 1923 betreuen die Salvatorianer (Ordensgesellschaft des Göttlichen Heilandes) die Wallfahrtsstätte zum Grab des hl. Hermann Joseph.

Hermann Joseph gilt als Patron der Kinder und der heranwachsenden Jugend. Priester und Ordensleute sehen ihn als ihr geistliches Vorbild. Auch die Uhrmacher verehren ihn als Patron, weil Hermann Joseph Uhren angefertigt und repariert haben soll.

Dargestellt wird Hermann Joseph meist als Prämonstratenser-Chorherr mit dem Kelch in der Hand, aus dem drei Rosen hervorsprießen, deutende Zeichen seiner mystischen Begnadungen, besonders bei der heiligen Messe. Ebenfalls bringt eine Holzplastik aus dem Jahre 1500 im rechten Seitenschiff der Steinfelder Basilika den Heiligen treffend zum Ausdruck, mit einem scharf geschnit-tenen herben Antlitz. Andere Darstellungen: Mystische Vermählung Hermann Josephs mit der Gottesmutter (Altarbild des Hermann-Joseph-Altars in Steinfeld); Grabplastik: der Heilige mit der Lilie und dem Jesuskind auf dem Arm. Sehr bekannt ist vor allem die Darstellung jener mystischen Be-gebenheit, bei der er als Kind in der Kölner Kirche St. Maria im Kapitol der Muttergottes einen Apfel anbietet, den das Jesuskind annimmt.