von P. Marc Brüllingen
Mit dem 1. Adventssonntag am 2. Dezember schreiten wir in ein neues Kirchenjahr hinein. Der Priester trägt das violette Gewand, das selbst schon eine Mahnung zur Buße ist. Der Advent ist die Zeit der Vorbereitung auf Weihnachten, der Geburt unseres Herrn Jesus Christus.
Wort Advent kommt von „advenire“ (lat. – ankommen), d. h. die Ankunft Jesu Christi. Mit Entschiedenheit ruft uns die Kirche mit den Worten des heiligen Paulus an: „Brüder! Wisset, schon ist die Stunde da, dass wir vom Schlaf erwachen. Denn jetzt ist unser Heil näher als damals, da wir zum Glauben kamen. Die Nacht ist vorgerückt; der Tag hat sich genaht. So laßt uns die Werke der Finsternis ablegen, anziehen die Waffen des Lichtes!“ (Röm 13,11f)
„Nacht“ – dieses Wort verwendet die Heilige Schrift wiederholt für die Daseinslage des Menschen in der Sünde. Zu diesem Bilde gehört auch die Befangenheit vom Schlafe. Der Sünder befindet sich in einem Zustand der Befangenheit durch einen Schlaf. Sein geistiges Sehen ist getrübt. Eben darin zeigt sich die erste Folge der Erbsünde und der persönlichen Sünde; die Sehkraft des menschlichen Geistes ist gemindert, und im Zusammenhang damit ist die gesunde Kraft des freien Willens erkrankt, oft wie gelähmt. Trotz der Taufgnade, trotz der Eingießung der göttlichen Tugenden in die Seele des Getauften, wirken sich die Wunden der erbsündigen Natur noch im Leben des Menschen aus. Noch leidet der Getaufte an der Schlafbenommenheit des sündigen Menschen, noch macht er allzu oft der Schwäche seiner Natur Zugeständnisse, tut „Werke der Finsternis“ und mißachtet in falscher Sorglosigkeit die „Waffenrüstung des Lichtes.“
In dieser Lage trifft der Mahnruf der Kirche am ersten Adventssonntag das Gewissen jedes einzelnen. Wahrhaftig, die Stunde ist da, vom Schlafe zu erwachen, sich von der Befangenheit des Dahindämmerns zu befreien, sich an das „Eine Notwendige“ erinnern zu lassen, das einmal allein zählt und Bestand hat. Dieses „Eine Notwendige“ ist Gott, die ewige Glückseligkeit im Himmel. Der Glaube ist keine romantische Gefühlsangelegenheit, sondern Gegenstand sachlicher Nüchternheit, geistiger Klarheit.
So wollen auch wir uns die „Waffenrüstung des Lichtes“ anlegen, damit wir in Freude und Ehrfurcht die Ankunft des Heilandes erwarten dürfen.