„O Heiland reiß die Himmel auf“

von P. Korbinian Mendler


Ein bisschen Tannengrün im Kerzenschein, einen Hauch von Glühwein in der Nase und eines der vielen getragenen Adventslieder im Ohr: Es braucht nicht viel, um in uns eine adventliche Stimmung aufkommen zu lassen. Sie prägt diese Zeit der Erwartung, in der wir dem Weihnachtsfest entgegengehen, der Ankunft des Herrn.

Ein bisschen weniger romantisch besinnlich, aber dafür umso erwartungsvoller war wohl die Zeit, in der das Lied vom Himmel aufreißenden Heiland entstanden ist. 1622 wurde es in Würzburg erstmals veröffentlicht. Vier Jahre zuvor war jener Konflikt eskaliert, der in den kommenden Jahrzehnten als Dreißigjähriger Krieg auf deutschem Boden ausgetragen werden sollte. Die Bevölkerung leidet unter bürgerkriegsähnlichen Zuständen, unter Seuchen und Hungersnöten, ganz abgesehen davon, dass eine große religiöse Verwirrung herrscht. Unter solchen Umständen versteht man den Wunsch nach Erlösung und Gerechtigkeit. Und man versteht den Erfolg eines Liedes, das diese Gedanken aufgreift, das hofft, dass Weihnachten nicht nur als Termin im Kalender steht, sondern Wirklichkeit wird. Schon im Folgejahr erscheint das Lied in Köln und anderen Orten, 1666 schließlich unter der heute bekannten Melodie in einem „Rheinfelsischen Gesangbuch“.

„Wo bleibst du, Trost der ganzen Welt, darauf sie all ihr Hoffnung stellt? O komm, ach komm vom höchsten Saal, komm, tröst uns hier im Jammertal.“ Der Autor, mutmaßlich Friedrich Spee, hatte wohl andere Sorgen im Kopf als Geschenkekaufen. Vielleicht schwebte ihm auch noch die Hexenverfolgung vor Augen, deren Irrsinn er als Beichtvater von Betroffenen hautnah miterlebte und gegen die er sich neun Jahre später, ebenfalls anonym, mit einer Denkschrift wandte („Cautio Criminalis“), ohne allerdings das Ende der Hexenverbrennungen mitzuerleben. Liest man den Text seines Liedes aus dieser Perspektive, so bekommt der ohnmächtige Ruf nach Gerechtigkeit noch einmal eine ganz andere Dramatik. „O Sonn, geh auf, ohn‘ deinen Schein in Finsternis wir alle sein“…

Im Advent 2024 sind wir Gott sei Dank vor solchen existenziellen Sorgen weitgehend verschont. Doch so manches Weh mag in diesem „Jammertal“ auch noch heute zu hören sein, der Wunsch nach Erlösung und Gerechtigkeit ist jedenfalls noch immer zu spüren.

Interessant ist dabei, dass er letztlich die poetische Darstellung eines Bibeltextes ist. Ähnlich wie in dem 150 Jahre jüngeren Lied „Tauet Himmel den Gerechten“ bezieht sich Friedrich Spee auf eine Prophetie des Jesajabuches (Jes 45,8), das im lateinischen Text vom Geheimnis der Menschwerdung spricht, davon, dass „der Gerechte“ wie fruchtbarer Regen oder Tau auf die Erde herabkomme, und zugleich wie ein Spross aus der Wurzel Jesse aus der Erde „hervorsprieße“. Die Verbindung kommt zustande durch das „Ja“ der Gottesmutter, in der der Gottessohn Mensch wird. Aus diesem Grund ertönt der alte Jesajatext schon seit vielen Jahrhunderten am Anfang der adventlichen Marienmessen – der „Roratemessen“, die in der Regel bei Kerzenschein gefeiert werden…

Friedrich Spee hat mit dem Ruf nach dem Himmel aufreißenden Heiland also sehr viele adventliche Gedanken miteinander verbunden. Möge sein Lied wie auch unser ganzes schönes Liedgut dazu beitragen, dass der Advent nicht nur eine romantisch stimmungsvolle Zeit von Glühwein sei und Geschenkesuchen, sondern eine echte Vorbereitung auf die Ankunft des Erlösers.


 

Geistliches Wort zum Advent

von P. Marc Brüllingen


adventskranzMit dem ersten Adventssonntag (27. November 2011) stehen wir an der Schwelle eines neuen Kirchenjahres. Schon der Name „Advent“ (lat. Adventus=Ankunft unseres Herrn) sagt, daß es eine Zeit der Erwartung ist, die nunmehr begonnen hat. Wen wir in diesen Tagen erwarten, das kommt in allen Gebeten und Gesängen unserer hl. Mutter, der Kirche, zum ergreifenden Ausdruck.

Es ist unser Heiland und Erlöser, unser Retter und Seligmacher, den die Patriarchen herbeigesehnt, den die Propheten vorausverkündet haben, die Hoffnung und Sehnsucht seines Volkes.

„Rorate caeli desuper“, so singt die Kirche mit dem Propheten Isaias:

Tauet, Himmel, den Gerechten,/ Wolken, regnet ihn herab!/ Rief das Volk in bangen Nächten,/ Dem Gott die Verheißung gab,/ Einst den Mittler selbst zu sehen/ Und zum Himmel einzugehen,/ Denn verschlossen war das Tor,/ Bis der Heiland trat hervor.

Aus diesem Grund werden auch in dieser Adventszeit die Roratemessen, die mit dem Wort „Rorate“=Tauet beginnen, zu Ehren der allerseligsten Jungfrau Maria gesungen. Im Evangelium dieser Messe wird gelesen, wie der hl. Erzengel Gabriel der reinsten Gottesmagd die Botschaft bringt, daß sie vom ewigen Gott zur Mutter seines Sohnes auserwählt sei. Früher wurde bei den Rorateämtern die Verkündigung des Erzengels deutlich vor Augen geführt. Ein Knabe übernahm die Rolle des Engels und sang mit heller Stimme: „Ave Maria, gratia plena – Gegrüßet seist du, Maria, voll der Gnade!“ Und alles Volk fiel darauf ein und sang weiter: „Benedicta tu in mulieribus – gebenedeit bist du unter den Frauen und gebenedeit ist die Frucht deines Leibes, Jesus!“ Die Roratemessen werden demnach zu Ehren der Menschwerdung Christi gehalten und sind dazu bestimmt, die Sehnsucht der Christen nach dem Erlöser auszudrücken. So wie die Patriarchen im Alten Bund darauf hofften, daß der Erlöser im Fleische geboren werde (d.h. der menschlichen Natur nach), so sollen auch wir uns danach sehnen, daß er uns in geistlicher Weise durch seine Gnade geboren werde.

Deshalb liegt tiefer Ernst und hohe Freude über dieser Zeit der Erwartung: Die Herzen der gläubigen Christen sollen sich nach dem richten, der da kommen soll, um sein Volk, d.h. die Menschheit zu erlösen.

Er kommt, so sagt uns der Glaube, wenn die „Fülle der Zeiten“ da ist, die große Zeitenwende, die zwei Welten voneinander scheidet, den Alten und den Neuen Bund. Daher das Evangelium vom Weltgericht, das am ersten Adventssonntag verlesen wird, wie es am letzten Sonntag des alten Kirchenjahres zur Verlesung kam. So schließt sich ein liturgisches Jahr ans andere an, wie zwei Ströme, die zusammenfließen, um gemeinsam einzumünden ins Meer der Ewigkeit.

Advent sollen vor allem wir Christen feiern, Advent nicht nur in diesen Tagen der Erwartung und Vorbereitung auf die Ankunft unseres Herrn, sondern das ganze Jahr hindurch, ja das ganze Leben lang. Denn auch unser Leben ist nichts anderes als ein Durchgang zum ewigen Leben, wie auch diese Erde, wo wir wohnen und wirken, gleichsam nur der Warteraum ist, aus dem wir einst eintreten sollen in die große, unermeßliche Halle der Ewigkeit, in das Reich Gottes, das kein Ende mehr nehmen wird, weil es das Reich dessen ist, der wieder kommen wird als ewiger Herrscher und Richter der Welt.

Wohl uns, wenn wir so Advent halten, daß wir auch einmal ein ewiges Fest feiern dürfen, jenes Fest, das die Engel und Heiligen begehen, im himmlischen Jerusalem, wo unsere Sehnsucht ihre Erfüllung findet, wo unser Adventsgesang überleiten wird in das ewige, nie endende Weihnachtslied der himmlischen Chöre.

„Advent“, d.h. gnadenvolle Ankunft unseres Herrn, will Gott auch in unserer Seele feiern, zumal dann, wenn er als ihr Gast in der hl. Kommunion kommt. Da will er in Wahrheit uns „heimsuchen“, uns bereichern mit seinen himmlischen Schätzen, uns beglücken mit der ganzen überfließenden Fülle seiner Segnun-gen und Tröstungen, damit wir, wie der Psalmist sagt, „kosten, wie süß der Herr ist!“

So sollen auch wir uns jetzt in der Adventszeit auf die Ankunft unseres Herrn vorbereiten, indem wir uns, so lange es uns unsere anderen Aufgaben zulassen, etwas Zeit nehmen, um in Ruhe über die Ankunft Christi, seine armselige Geburt im Stalle zu Bethlehem, nachzudenken. Auch ist es hilfreich, die Ankunft Jesu Christi innerlich in Gedanken zu betrachten, besonders dann, wenn wir den freudenreichen Rosenkranz beten werden.


Foto: Heike Hannah Lux

Die Armut des Herrn

Gedanken zum Advent

von P. Andreas Fuisting


Wer aus dem Heiligen Land zurückkehrt und dort die Heiligen Stätten besucht hat, berichtet häufig davon in welcher äußeren Einfachheit und Anspruchslosigkeit, ja Armut das Leben Jesu sich bewegt haben muß. Das Wort des hl. Paulus: „Christus hat sich selbst entäußert, hat Knechtsgestalt angenommen und ist den Menschen gleich geworden, und er hat sich erniedrigt“, findet hier seinen Widerhall.

Wenn wir zunächst an Nazareth denken, gerät Maria in unseren Blickwinkel. Künstler der Jahrhunderte haben all ihr Können aufgewandt, um die Ankündigung der Menschwerdung Christi durch den Erzengel Gabriel in aller Schönheit und mit allem Glanz darzustellen, damit die Einzigartigkeit und Größe dieses Geschehens ins Bewußtsein gebracht wird; was es bedeutet hat, als der Engel bei ihr eintrat und sagte: „Gegrüßet seist du, du Gnadenvolle, der Herr ist mit dir!“

Die Wirklichkeit dahinter sieht, von außen betrachtet, jedoch anders aus: kein Reichtum und kein Glanz, keine prachtvollen Kleider und vornehmen Räume. Nazareth ein eher unbedeutender Ort: „Kann denn aus Nazareth etwas Gutes kommen“ hat es damals geheißen! Maria lebte in einer Art Haus wie alle anderen auch: vier Wände aus Lehm oder Ziegel und einem flachen Lehmdach darauf. Sie trug, wohl selbst hergestellte, bescheidene Leinenkleider wie alle anderen Frauen auch. Um an Wasser zu gelangen, mußte sie durch staubige Gassen gehen zur einzigen Quelle des Ortes. Und sie buk jeden Tag den Brotfladen für den Bedarf eines Tages, wie es damals üblich war. Nach außen änderte sich gar nichts in ihrem Leben, sie lebte den Alltag und legte sich abends auf eine ebenerdige Strohmatte, um vom Tagwerk auszuruhen; sie stellte sich nach wie vor in die letzte Reihe der Synagogenbesucher, die für Frauen bestimmt war. So lebte diese Heilige von Nazareth bescheiden, anspruchslos, ja, an unseren heutigen Verhältnissen gemessen, mehr als arm.

In Bethlehem war das nicht anders. Es ist verständlich und auch richtig, daß die Darstellungen der Geburt des Herrn meistens idyllisch – romantisch ausfallen. Nur sollte uns klar sein: mit der Wirklichkeit hat das wenig zu tun. Manchmal liest man von einer Grotte; sagen wir lieber Stall. Oder Krippe? Es war wohl ein Steintrog. Alles zusammen war es eine sehr bescheidene Zuflucht für Hirten und deren Schafe. Die Niedrigkeit der Umstände seiner Geburt setzen sich im Leben Jesu fort, sonst hätte er nicht gesagt: „Die Füchse haben ihre Höhlen, die Vögel des Himmels ihre Nester; der Menschensohn hat nichts, wohin er sein Haupt legen könnte“ (Mt. 8,20).

Überhaupt der ganze Lebensraum des Herrn. Kargheit wohin man blickt: Die trostlose Wüste, in der Christus vierzig Tage und vierzig Nächte hindurch fastete und die er wiederholt durchwandert hat. Den kargen Boden, der mehr Steine zeigt als alles andere. Die große Hitze und das dadurch selten anzutreffende kostbare Wasser; alles mußte zu Fuß geschehen; daß er am Palmsonntag von einem Esel getragen wurde, bildete eine Ausnahme. So hat Jesus sein Wort an sich selbst erfüllt: „Sie sollten weder Beutel noch Tasche noch Schuhe mitnehmen“ (Lk. 10,4). Wie anspruchslos sich der Alltag des Herrn abgespielt haben muß können wir an folgender Geschichte ermessen: als der Steuereinnehmer die Tempelsteuer von ihm verlangte, mußte er Petrus an den See schicken, daß er einen Fisch fange – und beim ersten Fisch, den er gefangen hätte, würde er im Maul eine Vierdrachmenmünze finden; er mußte also seine göttliche Allwissenheit zu Hilfe nehmen, um seiner Verpflichtung nachkommen zu können. Das war das Erdenleben Jesu, uns Menschen gleich geworden – auch und gerade in der Erniedrigung.

Nun könnte jemand sagen: wenn Christus so einfach und anspruchslos gelebt hat, dann hat er sich eben von den Menschen der damaligen Zeit, die ebenso gelebt haben nicht unterschieden. Die Verhältnisse waren nun einmal so! Anders gesagt: Er hätte die Zeit seines Wirkens in einem anderen Jahrhundert ansetzten können. Oder er hätte, wenn es schon damals hätte sein sollen, seine Heimat im Bereich der griechisch – römischen Kultur wählen können; in einer gehobenen Familie, in vielleicht anspruchsvoller Umgebung; in einem Land mit günstiger klimatischer Umgebung. Nein! Christus hat das harte, einfache, anspruchsvolle geradezu arme Leben in Palästina mit den schwierigen politischen und sozialen Verhältnissen ganz bewußt und freiwillig gewählt.

Sollten nicht auch wir etwas in uns lebendig machen von einer Gesinnung bewußter und freiwilliger Einfachheit und Bescheidenheit des Lebens?

Nun möge niemand denken es solle damit die Freude an einem schönen Weihnachten unterdrückt werden. Die Freude an schönen Dingen, die Freude an Geschenken, die man vielleicht bekommt, oder die Freude, andere beschenken zu können. Denn so sehr sich alle, bis auf wenige Ausnahmen, darüber im klaren sind, die übertriebenen Erscheinungen dieser Wochen abzulehnen, so hat das, was die politische Linke gerne vorschnell mit „Luxus“ verwechselt auch seine Berechtigung. Denn wie viele verdienen ihren Lebensunterhalt dadurch, daß es Menschen gibt die Geld ausgeben können. Darum geht es also nicht! Es geht darum, daß wir uns innerlich die Freiheit bewahren gegenüber Besitz und Eigentum. Daß wir das Herz nicht daran verlieren. Daß wir nicht meinen darin bestünde das Glück des Lebens. Und daß wir es leicht nehmen, wenn das Leben uns manches versagt.

Schaffen wir uns also freiwillig einen Bezirk, in dem wir bewußt auf dieses oder jenes verzichten. Denken wir dabei, um diesen Verzicht noch wertvoller zu machen, an die stetig zunehmende Zahl der Abertausenden von Armen. Die sich bereits in den Anfängen herausbildende Weltwirtschaftskrise schädigt am stärksten die, die sowieso nichts haben. Wohl dem, der ein weites Herz hat!

Nun gehen wir hinein in den heiligen Advent. Möchten uns die Adventskerzen von Woche zu Woche heller und leuchtender zu erkennen geben: Seht, welche Liebe uns der Heiland in seiner Erniedrigung erwiesen hat!

„Oh Weisheit“

von P. Daniel Eichhorn


In den letzten sieben Tagen vor dem Weihnachtsfest, ab dem 17.12. gewinnt die Sehnsucht der Kirche nach dem Kommen ihres Herrn eine neue Qualität. Dieser „Durst“ der gläubigen Christen wird in den sogenannten „O-Antiphonen“ deutlich, die so heißen, da Sie alle mit diesem Laut des Ausrufs beginnen. Es handelt sich dabei um Magnificat-Antiphonen, das heißt um Leitverse des abendlichen Vespergottesdienstes, die den Hochgesang Mariens auf die Macht und Herrlichkeit Gottes rahmen. Besinnen wir uns auf die erste dieser liturgischen Perlen:

„Oh Weisheit, die aus dem Munde des Höchsten hervorgeht und die reicht von einem Ende zum anderen, stark und sanft alles ordnend: komm, uns den Weg der Klugheit zu lehren.“ Die angesprochene Weisheit Gottes ist Gott selber, ist, wie der Text klar offenbart, der ewige Sohn des Vaters. Ihr Wirkungsfeld ist keineswegs nur der „Himmel“, d.h. die für uns Irdische unsichtbare Dimension Gottes und der Engel, sondern die ganze Schöpfung! Denn diese ist ja sein Werk und daher auch sein Herrschaftsbereich. Die himmlische Weisheit soll auf Erden, im Kosmos wirken! – ‚Die Aufgabe des Weisen ist es, zu ordnen‘, so haben es Philosophen und Theologen erklärt.

Dies ist genau der Ausgangspunkt des Autors unserer Antiphon: Christus, der Weisheit des Vaters, kommt es zu, alle irdischen Dinge „vom Aufgang der Sonne bis zum Untergang“ zu ordnen: Weisheit, „die reicht von einem Ende zum anderen, stark und sanft alles ordnend“. Christus soll in diese Welt kommen, um alles nach seinem heiligen und gerechten Willen wieder in die ursprüngliche, heilige, göttliche Ordnung zu bringen. Die Unordnung des teuflischen „Durcheinanderwerfers“ (Diabolos) soll durch die neue, göttliche Ordnung überwunden werden. Diese Umgestaltung der Welt auf Gott hin ist zugleich „stark“, d.h. unfehlbar, gewaltig und doch auch „sanft“: Gottes Kommen zu Elia geschah nicht im Sturm, sondern im sanften Säuseln! (1 Kön 19,12) – Damit diese Wiederherstellung des Anfangs gelingt, sollen wir mitwirken. Dies aber können wir nicht aus uns, dafür brauchen wir wiederum den göttlichen Beistand. Daher bittet die Kirche die Weisheit Gottes, „uns den Weg der Klugheit zu lehren.“

Die göttliche Weisheit bewirkt in uns die Klugheit! Tatsächlich sind beide Tugenden eng miteinander verwandt. Die Klugheit ist die wichtigste der so bedeutenden vier Kardinaltugenden (Klugheit, Gerechtigkeit, Tapferkeit Mäßigkeit) ist. Möge Gott uns seine Weisheit und Klugheit schenken, die unser Leben immer mehr in die göttliche Ordnung hineinführt!


Foto: Heike Hannah Lux

Zum Advent

von P. Marc Brüllingen


Mit dem 1. Adventssonntag am 2. Dezember schreiten wir in ein neues Kirchenjahr hinein. Der Priester trägt das violette Gewand, das selbst schon eine Mahnung zur Buße ist. Der Advent ist die Zeit der Vorbereitung auf Weihnachten, der Geburt unseres Herrn Jesus Christus.

Wort Advent kommt von „advenire“ (lat. – ankommen), d. h. die Ankunft Jesu Christi. Mit Entschiedenheit ruft uns die Kirche mit den Worten des heiligen Paulus an: „Brüder! Wisset, schon ist die Stunde da, dass wir vom Schlaf erwachen. Denn jetzt ist unser Heil näher als damals, da wir zum Glauben kamen. Die Nacht ist vorgerückt; der Tag hat sich genaht. So laßt uns die Werke der Finsternis ablegen, anziehen die Waffen des Lichtes!“ (Röm 13,11f)

„Nacht“ – dieses Wort verwendet die Heilige Schrift wiederholt für die Daseinslage des Menschen in der Sünde. Zu diesem Bilde gehört auch die Befangenheit vom Schlafe. Der Sünder befindet sich in einem Zustand der Befangenheit durch einen Schlaf. Sein geistiges Sehen ist getrübt. Eben darin zeigt sich die erste Folge der Erbsünde und der persönlichen Sünde; die Sehkraft des menschlichen Geistes ist gemindert, und im Zusammenhang damit ist die gesunde Kraft des freien Willens erkrankt, oft wie gelähmt. Trotz der Taufgnade, trotz der Eingießung der göttlichen Tugenden in die Seele des Getauften, wirken sich die Wunden der erbsündigen Natur noch im Leben des Menschen aus. Noch leidet der Getaufte an der Schlafbenommenheit des sündigen Menschen, noch macht er allzu oft der Schwäche seiner Natur Zugeständnisse, tut „Werke der Finsternis“ und mißachtet in falscher Sorglosigkeit die „Waffenrüstung des Lichtes.“

In dieser Lage trifft der Mahnruf der Kirche am ersten Adventssonntag das Gewissen jedes einzelnen. Wahrhaftig, die Stunde ist da, vom Schlafe zu erwachen, sich von der Befangenheit des Dahindämmerns zu befreien, sich an das „Eine Notwendige“ erinnern zu lassen, das einmal allein zählt und Bestand hat. Dieses „Eine Notwendige“ ist Gott, die ewige Glückseligkeit im Himmel. Der Glaube ist keine romantische Gefühlsangelegenheit, sondern Gegenstand sachlicher Nüchternheit, geistiger Klarheit.

So wollen auch wir uns die „Waffenrüstung des Lichtes“ anlegen, damit wir in Freude und Ehrfurcht die Ankunft des Heilandes erwarten dürfen.