Liebe Gläubige, Freunde und Wohltäter,
am Ostersonntag beging Seine Heiligkeit Benedikt XVI. den neunzigsten Geburtstag. Wir gratulieren nachträglich im „Kölner Rundbrief“ von Herzen. Den Schmerz über seinen Rücktritt vom Petrusamt haben sicher viele von Ihnen noch nicht (ganz) überwunden – ich zähle mich dazu. Dennoch bleibt der Respekt für diese, persönliche Entscheidung des Papstes bestehen.
Es ist kein Geheimnis, daß Papst Benedikt den Heiligen Coelestin V. verehrt. Dieser war Papst von Juli bis Dezember 1294, ehe er von seinem Amt zurücktrat, als bis zum Rücktritt Benedikts, der einzige Nachfolger Petri in der Kirchengeschichte. Am 29. April 2009 legte Benedikt XVI. sein Pallium auf Coelestins Grabschrein in L’Aquila (Italien) nieder.
Am 4. Juli 2010 sagte der Heilige Vater Benedikt in Sulmona (Städtchen in den Abruzzen) folgende aufschlußreichen Worte:
Es geht … darum, in der Gegenwart Gottes zu verweilen, sich – in Herz und Verstand – die Worte des „Vaterunser“ zueigen zu machen, das alle Probleme unseres Lebens umspannt; es geht um die Anbetung der Eucharistie, darum, allein in unserem Zimmer das Evangekium zu meditieren oder andächtig an der Liturgie teilzunehmen. All das lenkt nicht vom Leben ab, sondern hilft uns vielmehr, in jedem Umfeld wir selbst zu sein, der Stimme Gottes treu, die zu unserem Gewissen spricht, frei von den Ablenkungen des Augenblicks! So war es für den hl. Coelestin V.: Er wußte, wie man seinem Gewissen folgen und Gott gehorsam sein kann; wie man also ohne Angst und mit großem Mut handeln kann. So hatte er auch in den schwierigen Momenten seines kurzen Pontifikats keine Furcht, seine Würde zu verlieren, sondern wußte, daß diese darin besteht, in der Wahrheit zu bleiben …
Aber war die Entscheidung des hl. Petro Coelestin für das Einsiedlerleben denn kein Einzelgängertum, keine Flucht vor der Verantwortung? Gewiß, diese Versuchung besteht. Aber in den von der Kirche approbierten Erfahrungen steht das einsame Leben des Gebets und der Buße stets im Dienst der Gemeinschaft, es ist offen für die anderen, es steht niemals im Gegensatz zu den Bedürfnissen der Gemeinschaft.
Und dann:
Doch es ist wichtig, auch ein zweites Element zu unterstreichen: Die Entdeckung des Herrn, die [Coelestin V.] macht, ist nicht Ergebnis eigener Anstrengung, sondern sie wird durch die Gnade Gottes ermöglicht, der ihm zukommt. Was er hatte, was er war, kam nicht aus ihm selbst: Es war ihm geschenkt worden, es war Gnade, und es war deshalb auch Verantwortung vor Gott und vor den anderen. Obwohl unser Leben ganz anders ist, gilt auch für uns dasselbe: Alles Wesentliche unseres Daseins ist uns ohne unser Zutun geschenkt worden. …
Schließlich ein letztes Element: Obwohl der hl. Petrus Coelestin ein Eremitendasein führte, war er nicht „in sich selbst verschlossen“, sondern ganz eingenommen von der Leidenschaft, die gute Nachricht des Evangeliums den Brüdern zu überbringen. Und das Geheimnis seiner seelsorglichen Fruchtbarkeit bestand gerade im „Bleiben“ beim Herrn, im Gebet …
Eine gnadenreiche Zeit im Monat Mai wünscht Ihnen, Ihr
Pater Andreas Fuisting
– Rundbrief Mai 2017