von P. Andreas Fuisting
„Ich sehe dich in tausend Bildern,
Maria, lieblich ausgedrückt,
doch keins von allen kann dich schildern,
wie meine Seele dich erblickt.
Ich weiß nur, daß der Welt Getümmel
seitdem mir wie ein Traum verweht,
und ein unendlich süßer Himmel
mir ewig im Gemühte steht.“
Diese wunderbare Liebeserklärung an die Gottesmutter des vielleicht berühmtesten frühromantischen Dichters, Friedrich Freiherr von Hardenberg (1772 – 1801), genannt Novalis, wollen wir natürlich nicht nur im Mai über unsere Beziehung zu Maria stellen. Trotzdem ist dieser Monat in einer besonderen Weise der Verehrung der Mutter Gottes geweiht.
Die ersten Spuren der Maiandacht finden sich beim Mystiker aus dem Dominikanerorden, Heinrich Seuse (gest. 1365). Aus seinem Tagebuch erfahren wir, wohl von sich in der Dritten Person erzählend: „Er pflegte in der angehenden Maien seiner allerliebsten himmlischen Frau mit großer Andacht einen Kranz von Rosen aufzusetzen. Und er ging vor ihr Bild … und fing an, … der Mutter eine Sequenz zu singen … Und da er ausgesungen, kehrte er sich zu der herzlichen Weisheit (dem Kind auf ihrem Schoß) und neigte sich zu ihr nieder … und lobte sie mit Singen und Sagen, mit Gedanken und Begierden, so gut er es nur immer konnte.“
Der entscheidende Schritt zur heutigen Maiandacht bestand darin, daß P. Annibale Donese SJ, in einem Maibüchlein den Gedanken des Monatspatronates der Heiligen auf den Mai und die Mutter Gottes anwandte (1725). Die ausdrückliche Bestätigung durch den Heiligen Stuhl und Segnung der Andacht erfolgte 1815.
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Hier nun eine kurze Andacht zur Gottesmutter für Sie, liebe Freunde, zum Pfingstfest; entnommen dem Büchlein „Marienlob“, Andachten zur Gottesmutter für den Monat Mai und zu Marienfesten, herausgegeben von Josef Gülden, Christopherus-Verlag Herder GmbH, Freiburg i. Br. und Düsseldorf.
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V. Also berichtet die Apostelgeschichte von dem einmütigen Gebet der Urgemeinde mit Maria, der Mutter des Herrn (Apg. 1,13 f.): „Als sie nach Jerusalem gekommen waren, stiegen sie in den Obersaal hinauf, wo Petrus und Johannes, Jakobus und Andreas, Philippus und Thomas, Bartholomäus und Matthäus, Jakobus, der Sohn des Alphäus, und Simon der Eiferer und Judas (der Bruder des Jakobus) beisammen blieben. Diese alle beharrten einmütig im Gebet samt den Frauen und Maria, der Mutter Jesu, und samt seinen Brüdern.“
Da, wo die Urgemeinde, die junge Kirche des Herrn, ihr Pfingsten erwartet, um mit Heiligem Geist erfüllt zu werden, ist Maria mitten unter den Aposteln und Jüngern des Herrn. Ihre Seele ist erfüllt von österlicher Freude. Zehn Tage lang beharren sie einmütig im Gebet und rufen:
A. Komm, Heiliger Geist!
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S t i l l e
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B e t r a c h t u n g: So wie die Heilige Schrift über die Jugend Mariens schweigt, so endet auch ihr Leben in vollkommenem Schweigen. Aber nur ihr irdisches Leben! Im ewigen lebt und herrscht sie als Königin des Himmels; dort ist sie auch unsere mächtige Mutter und Fürsprecherin bis zu jenem Tag, da sich die letzte Weissagung ihres Magnificat erfüllt hat.
Bete nun still ein Ave Maria.
V. Lasset uns beten: Heilige Maria, inmitten des Tages deiner Herrlichkeit vergiß nicht die Betrübnisse der Erde! Schau voll Güte auf alle, die Leid tragen, auf alle, die mit Schmerzen zu kämpfen haben, auf alle, die ohne Unterlaß die Bitterkeit des Lebens verkosten müssen. Habe Mitleid mit denen, die sich lieben und (dennoch) getrennt sind; habe Mitleid mit der Einsamkeit des Herzens; habe Mitleid mit der Schwäche unseres Glaubens; habe Mitleid mit denen, die wir lie-ben; habe Mitleid mit allen, die weinen, mit denen, die flehen, mit denen die zittern. Gib ihnen Hoffnung und Frieden!
A. Amen.
V. Heilige Maria!
A. Bitte für uns!
Foto: Heike Hannah Lux