von P. Marc Brüllingen
1. Sein Fleisch ist wahrhaft eine Speise. Christus spricht im heutigen Evangelium (Joh 6,56-59) nicht mehr bildhaft, also von der Verbundenheit mit ihm durch den Glauben, sondern er spricht mit besonderer und auffallender Eindringlichkeit ständig zu wiederholten Malen vom Essen und Trinken, von wirklicher Speise und wirklichem Trank. Das Manna in der Wüste, das Wasser aus dem Felsen waren einerseits Symbole des geistigen Erfülltwerdens durch den Glauben. Beides war aber anderseits noch Symbol eines wirklichen Essens, einer Speise, die er gibt, und des Trinkens eines Trankes, den er reicht. Dieses Brot ist sein Leib, dieser Trank ist sein Blut. Die Juden verstehen ihn wörtlich: „Wie kann dieser uns sein Fleisch zu essen geben?“ Er will auch wörtlich verstanden sein. Nur ist hier noch nicht ersichtlich, wie sein Fleisch das Brot ist, das er ihnen zu essen gibt. Das Wie bleibt hier offen. Erst die Abendmahlsszene am kommenden Osterfest wird ihnen zeigen, wie er seine Worte gemeint hat und wie sie die Erfüllung finden. Wenn er nämlich das Brot in sein Fleisch verwandelt und den Wein in sein Blut.
2. Diese Nahrung bewirkt in ihnen das Leben: Auch das wird mehrmals betont: „Das Brot, das ich gebe, ist mein Fleisch für das Leben der Welt… wenn ihr das Fleisch des Menschensohnes nicht esset und sein Blut nicht trinket, habt ihr das Leben nicht in euch. Wer mein Fleisch ißt und mein Blut trinkt, hat ewiges Leben… So wird der, der mich ißt, leben… Wer dieses Brot ißt, wird in Ewigkeit leben.“ Alle Sakramente der Kirche haben eine Beziehung zum neuen Leben aus Gott. Die Taufe spendet dieses Leben, die Firmung sichert es, die Buße gibt das verlorene Leben zurück, die Priesterweihe gibt die Fähigkeit, es auch anderen zu spenden, die Ehe verbindet natürliches und übernatürliches Leben, natürliche und übernatürliche Zeugung. Die Krankenölung stärkt das natürliche Leben und sichert das ewige Leben. Und mittendrin steht das eigentliche Sakrament des Lebens, die lebenerhaltende Speise des Fleisches Christi und der lebenerhaltende Trank des Blutes Christi.
3. Dieses Leben gewinnt der Mensch durch die Gemeinschaft mit Christus und durch Ihn mit dem Vater: „Wer mein Fleisch ißt und mein Blut trinkt, der bleibt in mir und ich in ihm.“ Der Mensch wird eins mit Christus in der Einswerdung der Communio. Und Christus wird eins mit ihm, der ihn in der Speise aufnimmt. Es ist dieser Assimilierungsprozeß, der im Zeichen des Essens und Trinkens gezeigt und in der unsichtbaren Wirklichkeit übernatürlichen Verbundenseins vollzogen wird. Der Lebensstrom quillt aus dem Vater: „Wie mich der lebendige Vater gesandt hat und ich durch den Vater lebe, so wird auch der, der mich ißt, durch mich leben.“ Die Geburt des Sohnes aus dem Vater ist Lebensempfang. Das Aufnehmen des Sohnes durch den Genuß seines Fleisches und Blutes ist Empfang dieses Lebens für den Menschen. So wird die lebendige Einheit vollendet. Vom Vater her durch Christus in den Menschen hinein, vom Menschen durch Christus zum Vater hin. Gerade darum ist dieses Brot nicht nur von vorübergehender Wirkung wie das Manna, sondern wer dieses Brot ißt, wird leben in Ewigkeit. „Eure Väter haben in der Wüste das Manna gegessen und sind gestorben.“ Christus ist das wahre Manna. Wer es ißt, stirbt nicht, denn wenn er auch äußerlich, körperlich stirbt, hat er doch ein Leben in sich, das nicht dem Tod verfallen ist, und selbst äußerlich, körperlich wird er auferweckt am Jüngsten Tag.
(nach: Richard Gutzwiller, Meditationen über Johannes; Benziger Verlag Einsiedeln Zürich Köln; 1958)