Vorwort zum Dezember-Rundbrief

Liebe Gläubige,

im Advent begegnet uns in der Liturgie immer wieder die Gestalt des heiligen Johannes des Täufers. Sein Programm lautet: “Er muss wachsen, ich aber abnehmen” (Joh 3,30)! Es ist ein Kontrastprogramm zum weit verbreiteten Egoismus, der uns seit der Sünde unserer Stammeltern im Paradies im Griff hat.

Johannes der Täufer ruft auf zu Umkehr und Buße. Er selbst bezeichnet sich nur als eine “Stimme eines Rufenden in der Wüste”, als Wegbereiter des Herrn (Joh 1,23). Er predigt nicht nur Buße, er lebt sie zugleich authentisch vor. Bei ihm stimmen Anspruch und Wirklichkeit über­ein. Es ist dies die Ausnahme von der Regel, so wie die Heiligen ebenfalls die Ausnahme bilden. Sie fallen auf und sie ecken oft auch an. Ihre Bußübungen und ihre Bußgesinnung werden von den Bußunwilligen oft unausgesprochen als Vorwurf verstanden und rufen daher Widerspruch hervor. Bei Johannes dem Täufer ist das ganz deutlich. Er spricht die Wahrheit ohne diplomatische Winkelzüge aus. Das wird ihn sogar den Kopf kosten, da er sich nicht scheut, König Herodes des Ehebruchs anzuklagen.

Dieser Bekennermut ist heutzutage leider vielen Verantwortungsträgern in Kirche und Gesellschaft abhandengekommen. Die Angst vor den Medien und der öffentlichen Meinung ist bei den meisten größer als die Furcht vor Gott. Hätte sich der hl. Johannes der Täufer an ihnen ein Beispiel genommen, so wäre er nicht als Martyrer, sondern vermutlich an Altersschwäche gestorben. Wir können von ihm lernen, im guten Sinne „unverschämt katholisch“ zu sein.

Vor etwa 25 Jahren habe ich in Stuttgart eine junge Frau aus der ehemaligen DDR kennengelernt, die aus einer atheistischen Familie stammend, sich aus eigenem Antrieb mit 12 Jahren evangelisch taufen ließ. Bei ihrem Studium in Stuttgart hat sie in der katholischen Hochschulgemeinde einen einzigen Studenten kennengelernt, der sich nicht für seinen katholischen Glauben entschuldigt und der sich ohne Wenn und Aber zur kirchlichen Lehre in Glaube und Moral bekannt hat. Für sie war diese Begegnung mit diesem „Exoten“ vom Niederrhein der entscheidende Anstoß, sich näher mit der katholischen Kirche zu beschäftigen und schließlich einen Übertritt zu erwägen, den sie dann auch schließlich mit voller Überzeugung vollzogen hat. Wir haben heute als gläubige Katholiken „Exotenstatus“, wie die Redakteurin der Tagespost, Regina Einig, einmal richtig bemerkte. Das soll uns nicht kleinmütig machen, auch wenn man uns mit Begriffen wie „erzkonservativ“, „fundamentalistisch“ usw. abstempelt. Auch Johannes der Täufer war ein Exot, so wie viele Heilige in ihrer Zeit als Außenseiter galten. Wir sind also in „guter Gesellschaft“. Freilich ist dabei zu beachten, dass wir uns selbst dabei nicht extravagant, komisch und sonderlich verhalten. Es gilt einfach, „normal katholisch“ zu sein, so wie man das früher unter „katholisch“ verstanden hat. Wir werden zwar damit heutzutage vielfach als „extrem“ wahrgenommen, aber nur deshalb, weil sich die Koordinaten verschoben haben und heute das als „extrem“ gilt, was früher als „gesunde Mitte“ gegolten hat. Zum Beispiel der sonntägliche Besuch der Heiligen Messe. Erst recht noch der regelmäßige Besuch einer Werktagsmesse. Das ist heutzutage spätestens dann auf jeden Fall „fanatisch“.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine „fanatische Adventszeit!“

Ihr P. Bernhard Gerstle FSSP

Aus den Tiefen …

von P. Andreas Fuisting

Nun stehen wir bereits in der Vorfastenzeit, mit der die Vorbereitung auf das höchste Fest des Kirchenjahres begonnen hat: Ostern, die Feier unserer Erlösung. Drei Sonntage gehen der 40tägigen Fastenzeit voraus, die Sonntage Septuagesima, Sexagesima und Quinquagesima, was bedeutet der siebzigste, sechzigste und fünfzigste Tag vor Ostern. (Die Zahlen sind abgerundet, weil der folgende Sonntag Quadragesima genannt wird).

Die drei Vorfastensonntage sind eine Einladung Gottes: „Geht in meinen Weinberg“, „lauft in der Rennbahn“, damit ihr den Siegespreis erlangt. Wir erhalten die Aufgabe das Samenkorn des Wortes Gottes in den Ackergrund der Seele zu legen, damit es aufgeht und Frucht bringt. Was wir an Mühen und Opfern aufbringen in Vorfasten- und Fastenzeit ist auf Ostern gerichtet, wo wir, erleuchtet durch die Taufgnade, mit Christus zu neuem Leben auferstehen sollen.

Zuvor aber gehen wir nun wie durch eine Vorhalle auf die Fastenzeit zu. Das erste, was die Kirche uns dabei zum Bewußtsein bringen will, ist, daß wir Sünder, Gefallene sind, die hilfsbedürftig, arm und ohnmächtig, nicht aus eigener Kraft aus der Not der Seele herauskommen können. „Aus den Tiefen rufe ich, o Herr, zu dir, Herr erhör mein Rufen.“ Als gläubige Christen muß uns in dieser Zeit die starke Hoffnung beseelen, daß wir, nachdem wir uns in Reue und Buße dem lebendigen Gott wieder zugewandt haben unseren Lohn erhalten werden, weil Gott in seiner unendlichen Liebe dem Reumütigen sein Erbarmen schenkt.

Seit Septuagesima schweigt im Gebet der Kirche das Alleluja. Erst in der Osternacht erklingt es wieder. Ein mittelalterlicher Liturgiker sagt dazu: „Wir stellen das Alleluja ein, das die Engel singen, weil wir, durch die Sünde Adams von der Gesellschaft der Engel ausgeschlossen, im Babylon des Erdenlebens dasitzen an den Bächen und weinen beim Gedanken Sions; und wie die Söhne Israels im fremden Land die Harfen an die Weiden hängten, so müssen wir den Allelujagesang zur Zeit der Trauer in Buße und Bitterkeit des Herzens vergessen.“